Hundezüchter vs. Hundevermehrer

hundezüchter vs hundevermehrer
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Hundezüchter vs. Vermehrer – ein kritischer Blick hinter die Kulissen der Hundezucht

Hundeliebhaber begegnen beim Welpenkauf zwei sehr unterschiedlichen Begriffen: Züchter und Vermehrer. Der eine steht für Fachwissen, Sorgfalt und Qualität – der andere für Profitgier, Unwissenheit und Tierleid. Doch ist es wirklich so einfach? Ist jeder „Züchter mit Papieren“ automatisch ethisch korrekt? Und ist jeder „Vermehrer“ ein gewissenloser Tierquäler? Wer genauer hinschaut, erkennt schnell: Schwarz und Weiß gibt es in dieser Debatte kaum – dafür aber viele Grautöne. Und es wird Zeit, dass wir sie benennen.


1. Definitionen: Züchter vs. Vermehrer – was ist was?

Züchter sind in der Regel Mitglieder eines anerkannten Zuchtverbands (z. B. VDH in Deutschland, FCI auf internationaler Ebene). Sie züchten nach festgelegten Standards, lassen ihre Hunde auf genetische Erkrankungen testen, achten auf Sozialisierung und wählen gezielt passende Elterntiere aus. Ziel ist es (theoretisch), gesunde, wesensfeste und dem Rassestandard entsprechende Hunde zu züchten.

Vermehrer hingegen züchten meist ohne offizielle Anerkennung, außerhalb von Verbänden. Sie bieten Welpen oft günstiger an – meist auf Kleinanzeigenportalen. Kritiker werfen ihnen vor, dass sie lediglich Geld verdienen wollen, ohne Rücksicht auf Genetik, Gesundheit oder Aufzucht.

Doch diese Definitionen greifen zu kurz – denn die Realität ist komplexer.


2. Die Schattenseiten der Zuchtverbände: Schönheit vor Gesundheit?

Zuchtverbände wie der FCI oder VDH gelten als Gütesiegel für Qualität. Doch auch hier läuft nicht alles so sauber, wie man es sich wünschen würde.

Modezuchten und „Designfehler“

  • Der Deutsche Schäferhund leidet in der sogenannten „Schau-Linie“ unter extrem abfallenden Rückenpartien – verursacht durch gezielte Zucht nach einem gewünschten Aussehen.

  • Der Mops ist ein Paradebeispiel für Qualzucht: Kurze Schnauzen, verengte Atemwege, Überhitzung – alles im Namen des „süßen Knautschgesichts“.

  • Die Französische Bulldogge ist teilweise nicht mehr zur natürlichen Fortpflanzung fähig – Kaiserschnitte sind die Norm.

Dies ist nur eine sehr kleine Auswahl an bekannten Problemen und die Zuchtstandards stammen nicht von Vermehrern, sondern direkt aus den offiziellen Zuchtverbänden!

🔗 Quelle: TV-Dokumentation „Hunde züchten bis zum Kollaps“ (ARD, 2021)
🔗 Studie zur Atemnot bei brachyzephalen Rassen: O’Neill et al., VetCompass, 2016


3. Vermehrer – eine pauschale Verurteilung?

Ja, es gibt sie – die massiven Missstände bei Vermehrern: Welpenhandel aus Osteuropa, verdreckte Zwinger, keine medizinische Versorgung, keine Prägung – und gebrochene Hundeseelen.

Aber: Nicht jeder, der ohne Verband züchtet, handelt verantwortungslos.

Das Tabuthema: freie, nicht organisierte Züchter mit Fachwissen

Es gibt durchaus engagierte Menschen, die sich bewusst nicht an einen Verband binden – aus Kritik an den Zuchtstandards oder aus ethischen Gründen. Einige von ihnen verfügen über:

  • Tiermedizinisches Fachwissen,

  • fundierte Kenntnisse in Genetik, Ontogenese, Verhaltensbiologie und Lerntheorien von Hunden

  • gute Haltungsbedingungen und

  • hohe ethische Ansprüche.

Sie fallen aber schnell pauschal unter das Label „Vermehrer“ – was einer differenzierten Diskussion nicht gerecht wird.


4. Schwarze Schafe unter den „seriösen Züchtern“

Auch unter anerkannten Züchtern gibt es Missstände. Einige Beispiele:

  • Inzucht trotz Papieren: Weil bestimmte Linien beliebt sind (z. B. Show-Sieger), wird mit engen Verwandten weitergezüchtet.

  • Massenzucht: Es gibt Züchter mit mehr als 5 Hündinnen, die regelmäßig Welpen werfen – legal, aber ethisch fragwürdig.

  • Deckrüdenmissbrauch: Einzelne Rüden werden hunderte Male eingesetzt – genetische Vielfalt? Fehlanzeige.

Ein Verbandspapier allein ist kein Garant für Ethik.


5. Wie erkenne ich einen wirklich verantwortungsvollen Züchter?

Checkliste für den Welpenkauf – unabhängig von Verband oder Nicht-Verband:

✅ Besuch der Zuchtstätte vor dem Kauf möglich
✅ Elterntiere vor Ort, freundlich und gesund
✅ Welpen wachsen im Haus auf, nicht im Stall
✅ Gesundheitsnachweise (HD/ED, Gentests etc.)
✅ Frühförderung & Sozialisierung sichtbar
✅ Züchter interessiert sich für deine Lebensumstände
✅ Rückgabemöglichkeit bei Problemen


6. Was tun? Gedanken zur Zukunft der Hundezucht

Die Hundezucht braucht mehr als Schönheitsstandards. Sie braucht:

  • Zuchtziele mit Fokus auf Gesundheit, nicht auf Aussehen

  • Grenzen für Inzuchtkoeffizienten

  • Strengere Kontrolle auch innerhalb der Verbände

  • Einheitliche Kennzeichnungspflichten für alle Züchter

  • Aufklärung statt Pauschalurteile

Und vielleicht sogar: Eine neue Generation von unabhängigen Züchtern mit Sachkundenachweis, die sich Qualität auf die Fahnen schreiben – ohne starre Rassestandards.


Fazit: Wer züchtet, trägt Verantwortung – unabhängig vom Label

Züchter oder Vermehrer – das Etikett allein sagt nichts aus. Entscheidend ist nicht das Papier, sondern das, was hinter den Kulissen passiert. Es ist Zeit, das System kritisch zu hinterfragen – und verantwortungsvolle Hundezucht neu zu denken.

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Mann mit Hund spaziert im Park neben Tafel